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Bessere Work-Life Balance durch Praxisvertretung

Praxisbörse: Bei Kassenärzten ist die Praxisvertretung für die Dauer von drei Monaten pro Jahr zulässig.

Nach der Praxisübernahme oder Praxis Neugründung im stressigen Praxisalltag angekommen stellt sich dem Arzt die Frage, wie die Work-Life Balance verbessert werden kann. Denn der Vertragsarzt ist nach dem Arztpraxis kaufen an das Gebot der persönlichen Leistungserbringung gebunden. Allerdings muss er aber  nicht 365 Tage pro Jahr zur Verfügung stehen, denn laut Zulassungsverordnung für Ärzte kann er sich vertreten lassen kann. 


Obwohl diese Regelung einfach erscheint, entstehen nach dem Praxiskauf und der Arztpraxis Neugründung rechtlich immer wieder Probleme und Zweifelsfälle. Da eine unzulässige Vertretung aber dazu führen kann, dass die Kassenärztliche Vereinigung das Honorar kürzt, sollte jeder Arzt die Grundzüge der Vertretungsregelungen nach der Praxisübergabe kennen.

Die Ärzteverordnung schreibt vor, dass sich der Vertragsarzt bei Urlaub, Krankheit, Ärztefortbildung oder der Teilnahme an einer Wehrübung vertreten lassen darf. Diese Vertretung ist innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten für die Dauer von drei Monaten zulässig. Eine Vertragsärztin darf sich darüber hinaus im zeitlichen Zusammenhang mit einer Schwangerschaft und Entbindung für sechs Monate vertreten lassen.

Juristisch wurde erörtert, ob ein Arzt nicht z.B. jeden Freitag privatärztlich in einer nahe gelegenen Privatklinik operieren und sich gleichzeitig in seiner Praxis vertreten lassen darf. Oder eine radiologische Gemeinschaftspraxis verfügt über genehmigte ausgelagerte Praxisräume zum Betrieb eines MRT und überlegt, ob der Seniorarzt nach der Praxisabgabe ausschließlich in der Zweigpraxis arbeitet und sich in der Hauptpraxis vertreten lässt. Schließlich fragte ein gutachterlich tätiger Arzt an, ob er sich während der Zeit, in der er Gutachten diktiert, in seiner Sprechstunde vertreten lassen kann.

In allen Beispielen ist eine Vertretung unzulässig, da kein so genannter Vertretungsfall vorliegt. Der Vertragsarzt bzw. die Vertragsärztin ist nicht aufgrund von Urlaub, Krankheit, Wehrübung, Fortbildung oder Schwangerschaft  an der Ausübung seines Berufes gehindert. Vielmehr möchte er ärztlich arbeiten und sich gleichzeitig vertreten lassen. Dies ist aber auch nach einem Praxisverkauf nicht zulässig.

Der Arzt muss auch beachten, dass im Honorarverteilungvertrag oder den Abrechnungsanweisungen vorgeschrieben ist, dass mit der Honorarabrechnung auf der Sammel- oder Garantieerklärung angegeben wird, wann der Arzt sich durch wen vertreten hat lassen. Zwar schreibt die Ärzte Zulassungsverordung nur vor, dass die Vertretung nur bei längerer Dauer als eine Woche der Kassenärztlichen Vereinigung KV mitzuteilen ist, die Regelungen der Honorarverteilungsverträge gelten jedoch ergänzend.

Wer also selbst vertragsärztliche Leistungen erbringt und gleichzeitig seine Vertretung anzeigt, wird früher oder später ein Problem bekommen. Auch wenn er jetzt noch keiner Kennzeichnungspflicht unterliegt, wonach der jeweils erbringende Arzt durch ein Kürzel in der Praxis EDV zu vermerken ist, so wird er spätestens bei der kommenden Einführung der individuellen Arztnummer und der ergänzenden Betriebsstättennummer die Doppeltätigkeit nicht mehr verbergen können. Rückwirkende Prüfungen über mindestens vier Jahre dürften das Ergebnis sein.

Häufig wird auch die Frage gestellt, ob ein Arzt sich z.B. jeden Freitagnachmittag vertreten lassen könne, da er in dieser Zeit Urlaub nehme. Dies ist nicht zwingend unzulässig, da es keine Regelung gibt die einen eintägigen Urlaub untersagt. Aufgrund des üblichen und richtigen Verständnisses von Urlaub dürfte aber sicherlich der halbtätige Urlaub an jedem Mittwochnachmittag bei gleichzeitiger Beschäftigung eines Vertreters das Verständis einer KV oder eines Gerichtes überstrapazieren.

Bei solchen Gestaltungen gewinnt der zeitliche Rahmen der zulässigen Vertretung an Bedeutung. Innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten ist die Vertretung für insgesamt drei Monate erlaubt. Was gilt nun, wenn ein Arzt jeden Freitag Urlaub nimmt und sich vertreten lässt? Darf er dies insgesamt nur für drei Monate oder darf er dies unbeschränkt, da die Vertreung für drei Monate eines solche für 90 Tage ist und innerhalb eines Zwölf-Monats-Zeitraumes nur 52 Freitage liegen können?

Diese Fragen sind von der Rechtsprechung noch nicht geklärt, richtig dürfte aber folgende Differenzierung sein. Wird der Vertreter von Fall zu Fall tageweise beschäftigt, so sind nur diese Tage zusammen zu rechnen. Erfolgt jedoch eine im Voraus festgelegte, regelmäßige Vertretung an bestimmten Wochentagen, so ist dies ab der erstmaligen Vertretung nur für die Gesamtdauer von drei Kalendermonaten zulässig.

Jede längere Vertretung bedarf der Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung KV. Es ist zu beachten, dass diese nur dann erteilt werden wird, wenn die Gründe für die Vertretung, dies wird bei derart langer Dauer stets eine Erkrankung sein, vorübergehend sind. Bei einer Arbeitsunfähigkeit des Vertragsarztes, die voraussichtlich zur dauernden Berufsunfähigkeit oder zum Tod führen wird, kann deshalb nicht sicher mit einer Verlängerung der Vertretungszeit über drei Monate hinaus gerechnet werden.

Dies wir immer dann hoch relevant, wenn die Praxis verkauft und das Nachfolgezulassungsverfahren durchgeführt werden soll, da hierbei der Patientenstamm erhalten bleiben muss und ein erwünschter Kaufpreis nur erzielt wird, wenn die Praxis durchgehend betrieben wurde.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass solche ärztlichen Leistungen, die eine besonderer persönliche Qualifikation nach den Richtlinien zu § 135 SGB V voraussetzten (z.B. Ultraschall, Radiologie, etc.) nur dann vom Vertreter erbracht werden dürfen, wenn dieser ebenfalls über die entsprechende Qualifikation verfügt.

Hierbei ist umstritten, ob der Vertreter nur die Qualifikationsvoraussetzungen erfüllen muss oder die schriftlich Genehmigung der KV zur Erbringung dieser besonderen Leistungen erforderlich ist. Liegt nur die Voraussetzungen, nicht aber die schriftliche Feststellung der Qualifikation vor, so sollte man unbedingt vor beginn der Vertretung mit der KV klären, ob sie dies akzeptiert oder ob die Genehmigungserlaubnis beantragt werden muss.

Fazit
Die Vertretungsregelungen sind notwendige und richtige Ausnahmen von dem Gebot der persönlichen Leistungserbringung. Sie dürfen jedoch nicht missverstanden oder umgangen werden, da dann häufig ein Verstoß gegen die persönliche Leistungspflicht vorliegt.
Als einer der tragenden Grundsätze des Bedarfsplanung und des Vertragsarztrecht wird dieses Gebot von KVen und Gerichten sehr ernst genommen, der Vertragsarzt sollte daher  gerade bei der Beschäftigung eines Vertreters entsprechend vorsichtig sein und den Sicherstellungsauftrag erfüllen.

Dr. Ingo Pflugmacher
21.08.2015

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