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Praxisübernahme und Privatpatienten

Nach dem Praxiskauf die Anzahl potentieller Privatpatienten durch die richtige Patientenansprache erhöhen

Wie können Privatpatienten nach dem Arztpraxis kaufen gewonnen und gehalten werden? Darauf gibt unsere Praxisbörse Antworten. Was sind die Wünsche von Privatpatienten an eine Praxis und an einen Arzt? Wie gehen diese Menschen mit dem Thema Gesundheit um? Auf diese Fragen ist die Fachhochschule Frankfurt am Main in Kooperation mit dem Sinus Institut Heidelberg in einer repräsentativen Untersuchung nachgegangen.


In Deutschland leben etwa 70,3 Millionen Menschen, die 14 Jahre und älter sind. 8,3 Prozent von ihnen sind privat krankenversichert. Diese Gruppe kann einen erheblichen Beitrag für die Einnahmeseite einer Arztpraxis nach der Praxisübergabe leisten. Privatpatienten sind jedoch keine homogene Patientengruppe. Sie unterscheiden sich in der Wahrnehmung von Gesundheit und Krankheit und auch in den Anforderungen an eine Arztpraxis, der Verwendung von Arzneien und der Akzeptanz von Therapien, Selbstzahlerleistungen und IGeL Leistungen.

Unterschiede bei Privatversicherten
lassen sich dabei nicht an einfachen soziodemografischen Merkmalen festmachen. Zwei Menschen, die hinsichtlich Alter, Bildung, Beruf und Einkommen genau gleich sind, haben häufig diametral andere Lebenseinstellungen. So ist etwa für die Frage, ob jemand eine hohe Affinität für Naturheilverfahren hat, nicht entscheidend, ob er ein bestimmtes Alter oder einen bestimmten Beruf hat, sondern allein die individuelle Einstellung zu Umwelt, Technik und Gesundheit.

Auch die Bereitschaft, etwas für seine Gesundheit zu tun und die Selbsteinschätzung, wann man krank ist und wann man zum Arzt geht, hat in erheblichem Ausmaß mit Wertvorstellungen und Lebensentwürfen zu tun. Da sich Menschen anhand von soziodemografischen Merkmalen nicht ausreichend differenzieren lassen, ist eine andere Systematik erforderlich, um homogene Zielgruppen definieren zu können.

Eine seit Jahren sowohl in der Medizin als auch im Marketing einer Arztpraxis erprobte Systematik, grundlegende Wertvorstellungen von Menschen zu beschreiben und zu gruppieren, sind die Sinus Milieus. Diese Milieus gruppieren Menschen, die sich in ihrer Lebensauffassung und Lebensweise ähneln.

Privatversicherte
sind bei einer solchen Betrachtung in den Oberschichtmilieus stark überrepräsentiert und in allen anderen Milieus unterrepräsentiert. In den Oberschichtmilieus ist die Konzentration privat Krankenversicherter jeweils etwa doppelt so hoch wie im Bevölkerungsdurchschnitt. Insgesamt findet man in diesem Segment die Hälfte der Privatversicherten über 14 Jahre in Deutschland.

Damit ergeben sich drei Privatpatienten Kernzielgruppen im Bereich der privat Krankenversicherten:

  • Die konservativ-etablierten Patienten repräsentieren das klassische Establishment mit einem ausgeprägten Statusdenken und hohen Exklusivitätsansprüchen. Im Umgang mit diesen Menschen ist es erforderlich, die Exklusivität herauszustellen. Die Ansprüche, die sie an sich selbst stellen, erwarten sie auch von einem Arzt, also vor allem beste Leistungen in Diagnose, Therapie, Prävention und Rehabilitation. Termine auch außerhalb der üblichen Zeiten werden vorausgesetzt. Bevorzugte Behandlung entspricht dem Selbstverständnis.
  • Die liberal intellektuellen Patienten sind die aufgeklärte Bildungselite mit liberaler Grundhaltung, postmateriellen Wurzeln und vielfältigen intellektuellen Interessen. Es besteht ein anspruchsvolles, aber selektives Konsumverhalten. Zwar besteht eine positive Einstellung gegenüber Innovationen in der Medizinforschung, gleichzeitig steht dieses Milieu der Schulmedizin kritisch gegenüber. Liberal Intellektuelle suchen nach einer Arztpraxis, die aufgeschlossen ist für alternative Heilmethoden und die im Sinne eines ganzheitlichen Menschenbilds anderen Ärzten voraus sind.

  • Die Performer sind die aufgeklärte Leistungselite der Gesellschaft. Gesundheit ist die Bedingung, um die eigenen anspruchsvollen Ziele zu erreichen und beruflichen Erfolg zu haben. Erzielt ein Medikament nicht die gewünschte Wirkung, wird es ohne Bedenken ersetzt. Gleiches gilt auch für die Arztpraxis. Die Information über Gesundheitsfragen und die Verwendung homöopathischer Präparate ist unterdurchschnittlich ausgeprägt.

Der Arzt, der Privatpatienten als Klientel nach der Praxisübergabe anziehen möchte, muss sich deren milieuspezifisch unterschiedlichen Ansprüchen stellen, angefangen bei der geographischen Lage und Praxisausstattung, über den Prozess der Terminvereinbarung und die Organisation der Wartezeiten bis hin zur Patientenansprache. Dies sind die sichtbaren Komponenten, von denen auf die Kompetenz, die Exklusivität und das medizinische Weltbild des Arztes geschlossen wird. Bei der Auswahl der Praxis im Rahmen einer Praxisabgabe ist daher ein Geomarketing empfohlen, um die potentielle Anzahl der Privatpatienten bereits vor dem Praxisverkauf analysieren zu können.

Prof. Ralf Jasny
18.08.2015

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