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Mangelnde wirtschaftliche Anreize zur Praxisübernahme einer Arztpraxis

Kritische Betrachtungen zur wirtschaftlichen Situation in der ärztlichen Niederlassung

Die Einnahmen der Behandlung von kassenversicherten Patienten ergeben sich je nach medizinischer Fachdisziplin und Lage der Artpraxis sehr unterschiedliche Einkommen. Mancher Arzt kann nach dem Praxiskauf kann nur mit den Mehreinnahmen aus der Behandlung privatversicherter Patienten existieren.


IGeL-Leistungen als wirtschaftliche Säule nach der Praxisgründung
Auch mit IGeL-Leistungen können viele Ärzte überhaupt erst ihe Existenz sichern und einen annehmbaren Gewinn erzielen. Die Tätigkeit in einer Arztraxis verlangt darüber hinaus einen hohen Work-Load. Die Vielzahl der Patienten und der hohe bürokratische Aufwand lassen vielen Ärzten nur wenig Raum für eine angemessene Work-Life Balance. Um wirtschaftlich überleben zu können, müssen nahezu perfekt organisierte Abläufe nach dem Praxiskauf eingeführt werden.

Ärzte müssen dabei den Strukturen des einheitlichen Behandlungsmaßstabs folgen. Wie von unsichtbarer Hand wird der Arzt dadurch manipuliert, er muss sein Handeln danach ausrichten, wie er die notwendigen Punkte erzielen will. Ein unabhängiges ärztliches Denken wird so deutlich erschwert.

Das aktuelle Vergütungssystem - Kein Platz für Zuwendung und Patientengespräche
Die Kernkompetenz des Arztes, das Patientengespräch, die Zuwendung und das Unterhalten einer therapeutischen Beziehung wird so gut wie gar nicht vergütet. In der medizinischen Versorgung großer Patientenzahlen kann das Gespräch in der Regel nur eine orientierende Funktion darüber haben, in welchen Ablauf der Patient in die Praxisabläufe einzufügen ist.

Auch Hausbesuche, die heute angesichts vielfach fragmentierter familiärer Strukturen wahrscheinlich noch wichtiger sind als früher, sind zeitraubend und werden schlecht vergütet und werden von vielen jungen Ärzten eher als Belastung als Bereicherung nach der Praxisübergabe empfunden.

Zweiklassen Medizin in der ärztlichen Niederlassung
Die Skizze der wirtschaftlichen Grundlagen einer Arztpraxis macht bereits deutlich, dass die drohende bzw. mancherorts bereits bestehende Zweiklassen Medizin nur ein Symptom für ein grundlegendes Strukturproblem in der ambulanten ärztlichen Versorgung ist. Während im Bereich der Regelversorgung bereits eine weitgehend durchregulierte bürokratische Medizin besteht, ist der der Arzt in seiner Praxis de facto längst kein Freiberufler mehr.

Der Arzt als Unternehmer?
Allein der Bereich der Privatpatienten und IGeL- Leistungen ist nicht budgetiert und kann tatsächlich noch unternehmerisch gestaltet werden. Die schleichende Manipulation ärztlichen Denkens durch Abrechnungsziffern besteht jedoch sowohl im Bereich der Regelversorgung wie der Privatversorgung. Ist bei der Regelversorgung der Einheitliche Bewertungsmaßstab leitend, so ist es bei der Privatpatientenversorgung das Einzelleistungsprinzip der Gebührenordnung für Ärzte GOÄ.

Keine Anreize zum Praxis kaufen
Die Überbewertung technischer und die Minderachtung der kommunikativen Leistungen des Arztes bestehen in beiden Systemen in der Arztpraxis gleichermaßen. Der Arzt wird dazu verleitet, sein gesamtes Tun den Vorgaben des EBM bzw. Budgets anzupassen, so dass nicht selten hauptsächlich die Patienten behandelt und gehalten werden, die in das vorformulierte strukturelle System passen. Anreize zur Praxisübernahme vertragsärztlich organisierter Arztpraxen bestehen somit kaum.

Prof. Santiago Ewig
20.08.2015

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