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Praxisbörse: Instrumente der ärztlichen Bedarfsplanung

Überblick über die ärztliche Bedarfsplanung in überversorgten und unterversorgten Gebieten beim Praxiskauf

Wie viele Ärzte und Arztpraxen es in den Regionen zur Praxisübernahme gibt, regelt die sogenannte Bedarfsplanung. Sie ist ein wichtiges Steuerungsinstrument beim Praxisverkauf, um die ambulante medizinische Versorgung flächendeckend vorhalten zu können. Sie trägt dazu bei, dass sich Ärzte möglichst dort niederlassen und eine Arztpraxis kaufen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. 


Wer als Arzt nach dem Praxis kaufen gesetzlich versicherte Patienten betreuen möchte, muss Vertragsarzt einer Kassenärztlichen Vereinigung KV sein. Diese Voraussetzung gewährleistet den Patienten nach einer Praxisabgabe einheitliche Qualitätsstandards und sichert die flächendeckende medizinische Versorgung. Um Vertragsarzt zu werden, benötigt der Arzt bei der Praxisübernahme einen freien KV-Sitz. Wie viele freie KV Sitze es in den verschiedenen Regionen gibt, regelt die sogenannte Bedarfsplanung. Sie ist das wichtigste Instrument der Kassenärztlichen Vereinigung, um den Sicherstellungsauftrag zu erfüllen. Der Sicherstellungsauftrag ist eine öffentliche Aufgabe, die der Gesetzgeber den KVen übertragen hat.

Ärztliche Über- oder Unterversorgung?
In der Richtlinie zur Bedarfsplanung sind auch sogenannte Verhältniszahlen definiert. Diese Verhältniszahlen bestimmen ein Zielversorgungsniveau. Wie viele Ärzte einer bestimmten Fachrichtung sollten wie viele Einwohner in einem Planungsbereich, zum Beispiel einem Kreises oder einer kreisfreien Stadt, betreuen? Dabei kann regional von den Vorgaben abgewichen werden, etwa wenn es in einem Gebiet mehr kranke Menschen gibt als anderenorts, die häufiger einen Arzt benötigen.

Anhand der Verhältniszahlen prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam mit den Krankenkassen, ob für eine Region mehr oder weniger Ärzte angestrebt werden, sprich, ob sie überversorgt, offen oder sogar unterversorgt mit Ärzten der unterschiedlichen Fachrichtungen ist.

Wenn es in einem Planungsbereich mehr als zehn Prozent niedergelassene Ärzte gibt, als die beschlossene Verhältniszahl der Bedarfsplanung vorsieht, wird für diese Arztgruppe eine Überversorgung festgestellt und der Bereich für die weitere Niederlassung von Ärzten gesperrt. Das heißt aber nicht, dass eine Niederlassung dort gar nicht möglich ist. Gibt ein Arzt seine Zulassung zurück, zum Beispiel aus Altersgründen, kann sie trotz Sperrung des Bereichs wieder vergeben werden.

Zudem ist in solchen Regionen eine Tätigkeit als Angestellter, zur Entlastung des Vertragsarztes, möglich. In solchen Fällen muss allerdings die Zahl der gemeinsam behandelten Patienten und das Honorar der Praxis stabil bleiben. Um auch in gesperrten Planungsbereichen die Versorgung mit einer ganz spezifischen Therapie oder Diagnostik sicherzustellen, gibt es zudem das Instrument des Sonderbedarfs. Bewerber können dann in begründeten Fällen trotz Sperrung der Region zugelassen oder angestellt werden.

Wenn ein Planungsbereich nicht gesperrt ist, können Bewerber, die die Voraussetzungen erfüllen, ohne weitere Hürden, Wartezeiten oder Leistungseinschränkungen zugelassen bzw. angestellt werden.

Eine Unterversorgung wird in der Regel angenommen, wenn die tatsächliche Anzahl an Hausärzten mehr als 25 Prozent, bei Fachärzten mehr als 50 Prozent, unter dem ermittelten Bedarf liegt. Je nach Grad der Unterversorgung werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen unterschiedliche Förderprogramme für Ärzte angeboten, wenn sich diese entscheiden, in Regionen zu praktizieren, in denen ein Ärztemangel herrscht.

Die vier Versorgungsebenen
Die Größe der Planungsbereiche orientiert sich am Einzugsgebiet einer Arztgruppe. In der Richtlinie werden vier Versorgungsebenen unterschieden. So wird davon ausgegangen, dass ein niedergelassener Hausarzt einen anderen Einzugsbereich hat als etwa ein Radiologe oder ein Laborarzt. Die räumlichen Abgrenzungen der Planungsbereiche orientieren sich an Raumgliederungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung BBSR. Die Ärzteschaft wird derzeit in 23 Arztgruppen eingeteilt, jede dieser Gruppen wird in einer der vier Versorgungsebenen zugerechnet.

Hausärztliche Versorgung
Die Planungsbereiche für Hausärzte sind am kleinsten, eine Versorgung in unmittelbarer Wohnortnähe ist hier am wichtigsten. Deutschlandweit gibt es insgesamt 905 Planungsbereiche für Hausärzte.

Allgemeine fachärztliche Versorgung
Etwas größer als für die hausärztlichen Versorgung fallen die Planungsbereiche für die wohnortnahe fachärztliche Versorgung aus. Für Gynäkologen, Augenärzte, Orthopäden, Nervenärzte und andere Fachrichtungen der Grundversorgung gibt es immerhin noch 385 Planungsbereiche.

Spezialisierte fachärztliche Versorgung
Die Planungsbereiche sind hier deutlich größer, das Bundesgebiet wird insgesamt in rund 100 Regionen (je nach Fachrichtung: 93 bis 106) unterteilt. Der spezialisierten fachärztlichen Versorgung werden Fachinternisten, Anästhesisten, Radiologen sowie Kinder- und Jugendpsychiater zugeordnet.

Gesonderte fachärztliche Versorgung
Diese Planungsbereiche sind groß. Es gibt deutschlandweit nur 16 bzw. 17. Anhand dieser großen Planungsbereiche wird der Bedarf an Ärzten folgender Fachrichtungen festgelegt: Mediziner für physikalische und rehabilitative Medizin, Nuklearmediziner, Strahlentherapeuten, Neurochirurgen, Humangenetiker, Laborärzte, Pathologen und Transfusionsmediziner.

Die Planungsbereiche
Niederlassungswillige Ärzte finden entweder einen offenen (möglicherweise unterversorgten) oder einen gesperrten Planungsbereich vor, je nachdem, wo sie sich niederlassen möchten. Generell ist es auch im gesperrten Planungsbereich möglich, sich niederzulassen, wenn dort ein KV-Sitz frei wird.

Offener Planungsbereich
Hier ist die ärztliche Niederlassung am einfachsten. Ärzte müssen nicht auf eine frei werdende Praxis warten, sie können problemlos eine neue Arztpraxis kaufen oder gründen, eine altenach einer Praxisübernahme oder in eine bereits bestehende Berufsausübungsgemeinschaft BAG einsteigen. Falls der Arzt sich in einem unterversorgten Bereich niederlassen möchtest, kann er unter bestimmten Bedingungen sogar von Fördermaßnahmen durch die Kassenärztliche Vereinigung oder Kommune profitieren, zum Beispiel in Form von Investitionskostenzuschüssen, Umsatzgarantien oder der Möglichkeit, einen Teil seiner Leistungen durch nicht ärztliche Praxisassistenten ausführen zu lassen und extra vergütet zu bekommen.

Gesperrter Planungsbereich
Auch in gesperrten Planungsbereichen ist grundsätzlich eine Praxisübernahme möglich. Der Arzt erhält hier aber nur eine Zulassung, wenn ein anderer Arzt seine Zulassung oder Anstellung zurückgibt und damit ein KV-Sitz in der entsprechenden Fachgruppe frei wird. Eine weitere Niederlassungsoption ist die Einigung mit einem bereits niedergelassenen Arzt basierend auf ein Job-Sharing Modell oder der Arzt beantragt eine Teilzulassung.

Dr. med. Oliver Götte
15.08.2015

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